Pläne, ins Ausland zu gehen, hatten wir schon lange, viele Gründe sprachen dafür. Wir wollten mehr Zeit als Familie mit unserer Tochter verbringen. Sie sollte uns beide als gleichberechtigte Eltern erleben, und sich nicht wundern, wo ihr Vater den ganzen Tag ist, praktisch ein Fremder auf Urlaub von der Arbeit. Lola sollte uns als Team wahrnehmen. Wir wollten immer mit Ruhe und Gelassenheit für sie da sein. Und nicht zuletzt wollten wir ihre Entwicklung hautnah begleiten.
Lasst euch von Ängsten nicht lähmen!
Wir hatten mehrere Anläufe gemacht, die kalten Winter in Deutschland hinter uns zu lassen. Immer gab es Gründe dagegen. Die Wohnung, deutlich zu voll mit unserem Kram. Die Uroma, die immer traurig schaute, wenn wir von unseren Ideen erzählten. Unsere eigenen Ängste, die uns lähmten. Wie würden wir zurechtkommen? Könnten wir überhaupt lange Strecken reisen? Was war mit Impfungen?
Um es vorwegzunehmen:
keine der Ängste, die wir im Vorfeld hatten, hat sich bewahrheitet. Lola schläft auf Flügen ebenso schnell ein wie auf dem Roller – sonst braucht das Zubettgehen oft mehrere Anläufe. Ihre Uroma hat sich Instagram und Skype zugelegt. Wir haben viele unserer Dinge verschenkt oder verkauft (und wir werden definitiv weiter aussortieren, wenn wir wieder daheim sind).
Freundlichkeit und Essen fürs Kind umgeben uns in jeder Straße. Lola ist gesünder als in Deutschland. Wir haben einen ausgeglichenen Sonnenschein, der alle Dinge gleichberechtigt und selbstvergessen bewundert. Wenn wir die verbotene Purpurstadt von Huế besichtigen, ist all die Schönheit für sie selbstverständlich. Was für uns besonders ist, ist von Anfang an ihr Leben. Sie beginnt mit einem reicheren Erfahrungsschatz als die meisten Menschen Anfang zwanzig. Allein all die Sprachen, die sie hört (und in einzelnen Worten sogar spricht): Chinesisch, Englisch, Vietnamesisch, Thailändisch, Indonesisch, Hindi… wir hören ihrem Wortschatz beim Wachsen zu. Roller, Ventilator, Kokosnuss, Mango – ihre ersten Worte zeigen, wie anders die Welt hier ist, was für ungewöhnliche Dinge sie hier erlebt.
Was im Ausland einfacher ist als in Deutschland
Es gibt auch einige Dinge mit Kind, die im Ausland sogar deutlich einfacher sind als in Deutschland. Erziehung beispielsweise: In Vietnam, Indonesien oder Thailand sind wir ohnehin eine Familie von Exoten, dadurch sind wir sehr gelassen und frei in dem, was wir tun.
Da wir ungewöhnlich sind, können wir Lola auch sehr freiheitlich aufwachsen lassen, sogar vegan ernähren, ohne kritische Blicke von unserer Umgebung zu ernten. Im Zweifelsfall sind wir eben jeden Tag jemand anderes für die Menschen, denen wir auf unserem Weg begegnen; aber die Leute hier gehen davon aus, das wir genau wissen, was wir tun. Anders als in der normativen deutschen Gesellschaft wird uns in Südostasien das Gefühl vermittelt, dass wir Experten für unser Kind sind. Hier wissen nicht alle alles besser, sondern helfen uns, gerade weil hier fast jeder ein oder mehrere Kinder im selben Alter hat wie wir. Wenn Josi Lola stillt, ist das eben so, weil bestimmt auch in Deutschland alle ihr Kind mit fast zwei Jahren stillen. Wir sind somit eine kleine Familie von Botschaftern hier (ob wir uns nun typisch-deutsch verhalten, oder nicht).
Bio:
Josi, Olaf und Lola Bernstein
Wir haben all unseren Mut eingepackt und sind dabei herauszufinden wer wir sind und wie wir als Familie leben wollen. Wir drei sind für ein Jahr in Asien unterwegs – auf Forschungsreise zu uns selbst.
Blog: http://backpackbaby.de
Instagram: https://www.instagram.com/backpack_baby/